Die große Lüge vom Sparen

Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt, und das geht jetzt nicht mehr. Denn weil die Unternehmen eine Zeit lang weniger produzieren und verkaufen konnten und deswegen weniger Gewinne gemacht haben, konnten sie weniger Steuern zahlen. Darum fließt weniger Geld in die Haushaltskassen. Ist doch ganz einfach: Wir müssen deswegen sparen, weil es große Ausfälle gibt und demzufolge weniger ausgegeben werden kann. Wer will da widersprechen? Unter anderem ich.

Ich habe das mit dem Sparen nämlich anders von meinen Eltern und meinen Großeltern gelernt. Die haben gespart, um für schlechte Zeiten etwas zurückzulegen. Auf die so genannte hohe Kante. Sie sparten auch, um sich mal etwas besonderes zu leisten. Eine besondere Urlaubsreise zum Beispiel. Sie legten auch Geld für den Ausbau ihres Ladengeschäfts zurück. Und für die Konfirmation meiner Schwester und meiner.
Was die Bundes- und Landesregierungen derzeit tun, ist kein Sparen. Hätten sie vorher gespart, etwa um im Falle einer Krise genug Bares zu haben, hätten sie jetzt das Geld, das fehlt.

Warum haben die Regierenden eigentlich nicht gespart? Dass Wirtschaften Schwankungen unterliegt, lernt jedeR Studierende spätestens im ersten Semester Volkswirtschaftslehre und jedeR BetriebsrätIn und GewerkschafterIn weiß das nach einem Grundkurs in politischer Ökonomie oder dem Lesen des Memorandums – oder wenn sie einmal unseren klugen Ökonomen Hickel, Wagenknecht, Troost, Bischoff oder früher auch Hufschmid zuhören konnten.

Die Regierenden haben stattdessen lieber geprasst und eine Elbphilharmonie in Auftrag gegeben. Sie haben städtisches Eigentum verscherbelt und zahlen nun hohe Mieten in den privatisierten Gebäuden. Sie haben Steuersenkungen für die Reichen durchgesetzt und zu wenig getan, damit durch mehr sozialversicherungspflichtige Jobs Lohn- und Einkommenssteuern gezahlt werden. Die Liste der Verschwendungen kann endlos fortgesetzt werden. Es wurde gerade eben nicht gespart. Wer jetzt vom Sparen redet, meint etwas ganz anderes, nämlich Kahlschlag und Sozialabbau.
Wir sollten also achtsam sein, wenn die Herrschenden vom Sparen reden. Und es ihnen nicht nachreden. Sondern widersprechen. Und Widerstand leisten.

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