ch hatte heute meinen ersten repräsentativen Termin als Vizepräsidentin – die Teilnahme an der Einbürgerungsfeier im Großen Festsaal des Rathauses. Es waren viele gekommen. Fotos wurden bereits auf dem pompösen Treppenaufgang gemacht. Im Saal diente zudem jede Wand, jede Skulptur und der schwarzrotgoldene überdimensionale Anker (Symbol für die Einbürgerung in Hamburg: Mein Hafen).
Musik spielte auf, ein Kinderchor bestehend aus verschiedenen Nationen trat auf – allesamt Schüler und Schülerinnen in Hamburg. Der neue Integrationssenator Scheele hielt seine Rede, sprach von der Bereicherung für die Gesellschaft durch die eingebürgerten Menschen. Ich war in Gedanken bei der Serbin, die letzte Woche nach Frankreich abgeschoben wurde, Mutter von vier Kindern. Sie hatte dort Asyl beantragt und darf deswegen nicht in Deutschland bleiben. Ich dachte an die anderen Männer, Frauen und Kinder, die ich bislang als „Fälle“ im Eingabenausschuss besprochen habe und die durch ein System an Gesetzen gehen müssen, um wenigstens eine Duldung zu erreichen. Bedroht von Zwangsheirat, von bitterster Armut, von ärztlicher Unterversorgung. Suizidgefährdet. Wer straffällig geworden ist, hat keine Chance, hierbleiben zu dürfen. Straffällig wird man als Flüchtling bereits dann, wenn man einen anderen Namen angibt oder Pässe nicht vorzeigt.
Ein mittlerweile eingebürgerter Türke berichtete seine Geschichte: Als Kind nach Hamburg gekommen. Der Vater beantragte Asyl – es wurde damals noch gewährt. Der Junge machte sein Abitur und arbeitet heute beim Finanzamt. Er redete von Pflichten, die die Einbürgerung mit sich bringt. Vielen wird dieser Weg nicht ermöglicht. Weil sie aufgrund der mittlerweile geltenden Gesetze kein Asyl mehr erhalten, weil sie aufgrund der Fluchtbedingungen gegen Gesetze verstoßen, weil ihre Eltern sich nicht so deutschkonform verhalten haben, wie es hätte sein müssen.
Zum Schluss wurde die Hamburg-Hymne gesungen. Dann die deutsche Nationalhymne. Dann gab es Getränke und Häppchen. Ich bin gegangen. Es warten „Fälle“ auf mich die Montag im Eingabenausschuss behandelt werden. Wer davon abgeschoben wird, entscheidet die Mehrheit im Ausschuss.
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