Warum eigentlich „sehr geehrte Herren und Damen“?

Ich werde manchmal gefragt, warum ich in Reden, Briefen und E-Mails bei der Anrede erst die Herren, bzw. Kollegen, und dann erst die Damen, bzw. Kolleginnen nehme.

Dass wir überhaupt Anreden verwenden und nicht einfach losquasseln und -schreiben, hat mit Höflichkeit zu tun. Man stelle sich vor, wir würden einfach loslegen, und wie ein/e Nachrichtenreporter/in unser Anliegen verkünden. Das käme nicht gut, meistens jedenfalls.

Es ist heute leider eine naturgesetzliche Floskel geworden, immer „Damen und Herren“, „Kolleginnen und Kollegen“ oder „Freundinnen und Freunde“ zu sagen.
Es gibt darüber hinaus nämlich eine weitere Höflichkeitsregel. Und die ist im Laufe der Zeit verloren gegangen: Das andere Geschlecht bei der Anrede zuerst zu nennen.

In den alten Bürgerschaftsprotokollen aus den 1940er und 50er-Jahren, die ich für meine Recherchen zu Magda Langhans gelesen habe, begannen die weiblichen Abgeordneten ihre Debattenbeiträge fast immer mit „sehr geehrten Herren und Damen“.

Ich mache es auch so. Das habe ich nicht aus den alten Protokollen abgeguckt, sondern schon vor vielen Jahren in einem Rhetorikseminar – übrigens von einem männlichen Lehrer, der auch dem alten ÖTV-Klunker das Reden beigebracht hat – gelernt.

Ich habe den Titel der Magda-Langhans-Broschüre daher auch ganz bewusst Meine Herren und Damen genannt, weil ich finde, dass wir Frauen uns das zurückzuerobern sollten, was uns durch Anpassung abhanden gekommen ist.

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