Der Abstimmarm

Ich habe aus Göttingen neben einer gebundenen Ausgabe des Erfurter Parteiprogramms, dem Memorandum 2012, dem Buch „Made in Thüringen“ von Bodo Ramelow und der „Harzreise“ von Heinrich Heine einen lahmen Arm mit nach Hause genommen.
Auf der Autobahn, kurz vor Hannover schoss ein fieser Muskelschmerz in den rechten Oberarm. Bei 140 km/h, Regen, anregendes Gespräch, die Heimat im Blick. Ich aber immerhin nicht am Steuer, sondern Olga.

Zwischen meinen Beinen stand meine große schwere schwarze Ledertasche mit Parteitagsunterlagen, Laptop und den besagten Büchern, wobei auch ein 600-Seiten-Schinken über Fidel Castro als Geschenk für meinen Liebsten darin verstaut war. Ich schleppe sie zu oft, sie ist meistens zu voll – und dann immer über die linke Schulter gehängt. Daher bin ich Verspannungen auf dieser Seite gewohnt. Aber rechts? Noch nie was gehabt! Ich bin Rechtshänderin, die Seite ist also trainiert!

Es kann nur das ständige Auf und Ab mit der Stimmkarte gewesen sein, das meinen Arm verstimmte. Ich habe das nun wirklich nicht zum ersten Mal gemacht, finde aber keine andere Erklärung. Die Abschlussabstimmung bei den Haushaltsberatungen zum Beispiel sind viel schlimmer. Oder eine Stunde Händeschütteln beim parlamentarischen Sommerfest. Da hat mir meine Hand letztes Jahr gesagt, dass sie sich einen neuen Mensch suchen möchte, weil sie diesen Blödsinn nicht noch einmal mitzumachen gedenkt.

Parteitage aber sind toll und nicht belastend, auch wenn sie zu völlig irren Schlafzeiten führen und ein merkwürdiges Essverhalten hervorrufen. Dieser war ganz besonders aufregend, das ist ja auch überall nachzulesen. Einige KommentatorInnen haben allerdings eine erstaunlich selektive Wahrnehmung. Ich habe bei allen Dissonanzen den Eindruck mitgenommen, das wir sehrwohl weiterhin die Agenda dieses Landes mitbestimmen.

Nun sind wir sozusagen komplett: Programmatik und Personal sind samt Partei an den Startlöchern, um die Runden zu drehen, die für den Kampf um die Rechte der Menschen, den sozialen Frieden und die Erneuerung der Demokratie so dringend notwendig sind. Es ist zwar kein Marathon, bei dem am Ende „Ziel“ steht. Aber wir diktieren die Renn-Regeln neu, die es aufnehmen mit den Methoden á la Ben Hur-Konkurrenz. Scheiß auf den Schmerz im Arm.

Ein Kommentar

  1. Kersten Artus sagt:

    Andy – #1 – 04.06.2012 12:54 – (Antwort)

    Lieber Abstimmarm,

    warum schmerzt Du so? Kann es sein, dass Deine Muskeln bei einigen Abstimmungen gegeneinander gearbeitet und einen harten Kampf zwischen Arm heben und Arm unten lassen geführt haben? Gab es nach Deinen Anstrengungen eine gute Salbe zur Nachbehandlung, auf der da stand „Harmonie“?

    Wie dem auch sei, ich wünsche Dir gute Besserung, und dass Du bei den bevorstehenden Abstimmungsmarathons nicht auf Grund von Dissonanzen ausfällst.

    Gruß

    Andy

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