Was man sich nicht alles antut! Gestern begann um 17 Uhr die Sitzung des Kinder-, Familien- und Jugendausschusses, den ich ich meinem Kalender aküfi-professionell mit KFJA eintrage. Es fand eine Anhörung zu unserem Antrag, Kindern ohne gültige Aufenthaltspapiere das Recht auf frühkindliche Bildung zu ermöglichen, statt.
Expertinnen von Fluchtpunkt, Mujeres sin Fronteras, der Diakonie, ver.di und anderen waren eingeladen, um Stellung zu beziehen. Die Positionen waren eindeutig: Kinder, unabhängig unter welchen Umständen sie geboren werden, haben dieses Recht. Diejenigen, die keine Papiere haben, werden aber ausgegrenzt. Schwere traumatische Schäden, Misshandlungen und Entwicklungsverzögerungen sind die Folge.
Drei Stunden lang dauerte diese sehr informative Anhörung. Der Senat weigerte sich danach, umgehend angehört zu werden, er möchte erst das Wortprotokoll noch einmal in Ruhe nachlesen. Die Koalitionsparteien CDU und GAL ebenfalls. So werden weitere Wochen ins Land gehen, ohne das etwas passiert. CDU und GAL nehmen dieses Recht, sich Zeit zu nehmen, in Anspruch, während Kleinstkinder illegal hier lebender Erwachsener nicht einmal das Recht erhalten, in eine Kita zu gehen. Schon Zweijährige müssen von ihren Eltern deswegen mit zur Arbeit genommen werden, zum Putzen oder auch zur Prostitution. Oder sie werden eingeschlossen. Ein Skandal!
Dann startete der zweite Termin im gleichen Raum, dem 151er im Rathaus – wieder der KFJA, zusammen mit dem SozA (Sozialausschuss). Das Thema: Die neue IT in der Sozialbehörde. BILD hatte morgens bereits getitelt: Sozialsenator verschleudert 112 Millionen. Weitere drei Stunden hörten wir also zu, fragten, diskutieren. Am Ende dann das mühselig errungene Ergebnis: Es wird eine Selbstbefassung geben, in der sich die Ausschüsse noch einmal mit der IT befassen. Die Millionen, die dafür freigegeben werden müssen, werden CDU und GAL Mitte Dezember in der Bürgerschaft bewilligen. SPD und LINKE enthielten sich. Ich hätte es auch fahrlässig gefunden, vor dem Hintergrund der Gebührenerhöhung für Kitas und Kürzungen im Sozialetat einer Summe von über 17 Millionen Euro (insgesamt handelt es sich bis 2014 um ein Volumen von über 112 Millionen Euro) meine Zustimmung zu geben. Ich habe aber nicht mit Nein gestimmt, weil die bisherigen Softwareanwendungen veraltet sind. Schwarzgrün sieht diese Widersprüche nicht und geht entspannt mit dieser Investition um. Regieren macht cool – oder eher abgestumpft? Immerhin wollen sie sich auch schlau machen und haben der Selbstbefassung zugestimmt.
Um 23 Uhr wünschten wir uns dann alle einen schönen Feierabend. Einige der CDU-Abgeordneten waren allerdings sichtlich genervt, weil sie ja eh oft wie Pappfiguren rumsitzen und nie etwas sagen. Eine von ihnen tuschte sich zwischendurch gelangweilt die Wimpern.
Ich fuhr mit Schniefnase und geschwollenen Augen nach Hause. Linke Abgeordnete mit Infekten sollten eigentlich nicht an Ausschussitzungen teilnehmen. Aber Kinder ohne Aufenthaltspapier und Millionen Summen für neue IT nehmen wenig Rücksicht darauf.
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