Machen Medien Politik?

Sie werden immer dann von der jeweiligen Partei gescholten, wenn sie sich nicht der jeweiligen Meinung anpassen. Oder wenn sie einem Thema zu wenig Raum geben. Etwas weglassen oder verschweigen. Warum kommt aber ausgerechnet DIE LINKE kaum mehr in dem Hamburger Medien vor, seitdem die SPD alleine den Senat in Hamburg stellt?

In Hamburg gibt es seit März fünf Fraktionen im Landesparlament, die um die lokalen Medien buhlen. Macht also ein 25-prozentiges Wachstum an Pressemeldungen und Darstellungsbedürfnissen. Hinzu kommt die seltene Konstellation von vier Oppositionsparteien, die sich kritisch zur Regierung äußern und sich TV-Sekunden und Zeitungsabsätze erhoffen.

Presse, Rundfunk und Fernsehen aber haben den gleichen Umfang an Seitenumfang und Sendezeit wie vorher. Das stellt die Redaktionen vor die Wahl: Welche Fraktion kommt wann und in welchem Umfang zu Wort? Immer alle fünf durchtelefonieren, einladen und zitieren? Oder nur die Wichtigsten? Wer sind die Wichtigsten – immer die Größten?

ch habe mich gestern gefragt, warum ein 26-jähriger Neuling aus der CDU-Fraktion, der sich Verbraucherschutzexperte nennen lässt, im Abendblatt zur Schließung der Postfiliale im Hamburger Hauptbahnhof zitiert wird, ich aber nicht. Oder heute: Der GAL- und der SPD-Fraktionsvorsitzende streiten in der WELT über den Rückkauf der Netze. Warum ist Dora Heyenn nicht dabei? Oder: Wir gehen heute zum Blutspenden, haben dazu auch eine kleine Pressemeldung herausgegeben. Aber es wird im Abendblatt nur erwähnt, dass sich Olaf Scholz anzapfen lässt. Beispiele ließen sich unzählige aufführen.
Journalisten und Journalistinnen haben keinen leichten Job: Die Meldungslage wechselt oft, dann müssen schneller als schnell aktuelle O-Töne her. Der Platz ist knapp, die Zeit ebenfalls. Dennoch ist es auffällig und nicht nur mit Zeit und Fraktionenanzahl und ihrer Größe zu begründen, dass DIE LINKE nur noch selten Erwähnung findet, unsere acht Abgeordneten kaum zitiert werden.

Dass wir auf einmal behandelt werden, als wenn wir unseren Betrieb eingestellt hätten, ist unangemessen und verträgt sich nicht mit dem Auftrag, den Presse, Rundfunk und Fernsehen haben. Sie genießen das Privileg der Gebührenfinanzierung und des geringeren Mehrwertsteuersatzes, um unabhängig berichten zu können. Sie haben feste Sendefrequenzen und Liefermonopole, durch die sie ungehinderten Zugang zu den TV-Geräten, Radios, Zeitungsregalen erhalten. Rechte, die in einer Demokratie wichtig sind!

Ein Text muss meiner Meinung nach nicht mit mindestens fünf Zitaten der Fraktionen gefüllt werden, und nicht jeder Talk oder jedes Interview einer Abfragerunde gleichen. Das wäre unjournalistische Proporzberichterstattung. Den gleichen Platz wie vorher zur Verfügung zu haben und dennoch das Geschehen in der Bürgerschaft angemessen abzubilden, ist aber eine Herausforderung an die Professionalität. Und die vermisse ich!

Es gibt die Hamburger Linksfraktion nach wie vor. Wir haben Positionen, die die Bevölkerung wissen soll und die sie auch für ihre Meinungsbildung wissen muss. Die Aufgabe der vierten Gewalt im Staat ist es nicht, selbst Politik zu machen.

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