Wenn die Linke dem Scheuerl applaudiert …

.. dann muss etwas Außergewöhnlich passiert sein. Und das kam so: Am Ende eines langen Sitzungstages wurden die Eingaben abgestimmt. GAL und LINKE meldeten sich zu Wort und kritisierten zwei (Mehrheits-)Entscheidungen der SPD: Bei der einen handelte es sich um die Abschiebung eines Tschetschenen nach Russland, bei der anderem um die einer Roma-Familie mit schwerkranken Kindern in einen Staat des ehemaligen Jugoslawiens. Hier entbrannte der Streit an der Frage, ob es einen Abschiebestopp für Roma und Sinti geben solle, solange ihnen danach Gefahr für Leib und Seele droht. Dieser Konflikt schwillt schon länger, denn 900 Roma-Familien in Hamburg sind akut von Abschiebung bedroht.

Die SPD, die ja im Wahlkampf ein menschenfreundlicheres Ausländerrecht propagierte, hatte sich im Innnenausschuss nicht zu einer Grundsatzentscheidung für die Roma durchgerungen. Das Plenum wurde mit einem Mal wieder hellwach! Zur ersten Debatte ist – zunächst – soviel zusagen: Am Ende stimmte die SPD mit den anderen Fraktionen immerhin für eine Rücküberweisung an den Eingabenausschuss. Bei der zweiten Debatte geschah folgendes: Ein (neuer) SPD-Abgeordneter meldete sich zu Wort und meinte, der Eingabenausschuss könne ja nicht die Entscheidung des Innenausschusses kippen. Geht doch nicht …

Mit einem Mal erhob sich dann – in Seelenruhe – von der letzten Sitzbank der CDU der parteilose Frontkämpfer für die Gymnasien, Herr S., in der Hand das kleine Buch mit den Gesetzen, die den Ablauf der Bürgerschaftssitzungen und die Rechte der Abgeordneten beschreiben. Und versetzte mit seinem kurzen Vortrag und einem Minizitat der SPD eine schallende Ohrfeige: Dass gemäß Artikel 7 der Hamburgischen Verfassung Abgeordnete nur ihrem Gewissen verpflichtet sind. Und so kam es, dass die Abgeordneten der Linken Herrn S. applaudierten. Die Regierungsfraktion blieb dennoch stur, wirkte aber mehr als verunsichert, bis hin zu recht belämmerten Gesichtern. Der Erste Bürgermeister betrachtete das Szenario wortlos.

Die SPD muss sich fragen, wie sie ihre Glaubwürdigkeit aufrecht erhalten will. Und ob sie das richtige Personal in den Eingabenausschuss entsendet hat. Da gehören Menschen mit Mumm rein, mit Verantwortungsgefühl und mit Lebenserfahrung – und keine Parteisoldaten, die sich in vorauseilendem Gehorsam für Wahrheiten einsetzen, die unmenschlich sind.

Die Bürgerschaft und das gesamte Hamburg müssen sich fragen, ob sie eine jüdische Familie in ein Land abschieben würden, wo diese Verfolgung und Diskriminierung augesetzt wären. Denn: Die Stadt und ihre AkteurInnen haben auch eine historische Verantwortung für die Roma und Sinti! Es waren mehrere hundert „Zigeuner“ allein in Hamburg, die von den Nazis verfolgt, inhaftiert und ermordet wurden. An der Situation der Roma hat sich in 60 Jahren wenig geändert. Und daher muss es einen Abschiebestopp geben.

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