Ver.di: Vereint für Gerechtigkeit

Er konnte sein Wahlergebnis von 2007 steigern und geht damit gut gerüstet in seine vierte Amtszeit: Frank Bsirkse wurde mit über 94 Prozent der Stimmen zum ver.di-Vorsitzenden gewählt. Mit der Wahl des 14-köpfigen Bundesvorstandes und dem aus Ehrenamtlichen bestehenden Gewerkschaftsrat sind die Führungsstrukturen der Dienstleistungsgewerkschaft stabilisiert worden.

Die Inhalte folgen als nächstes, denn über 1.300 Anträge sollen in den kommenden Tagen behandelt werden. Zündstoff gibt es reichlich: Spricht sich der Kongress gegen die Bundeswehr an Schulen aus? Wie massiv wird der Atomausstieg gefordert? Abschaffung der Leiharbeit oder „nur“ Lobbyarbeit für die dort Tätigen?

Ob und welche Arbeitsplätze werden verteidigt? Die Sichtweise bestimmer Interessenvertretungen mutet nicht selten skuril an: So forderte eine Delegierte die friedliche Nutzung der Kernenergie voranzutreiben. Sie ist Betriebsratsvorsitzende der Sicherheitsfirma, die im KKW Biblis den Sicherheitsdienst beschäftigt.

Die Delegierte hadern auch mit ihrem Altersdurchschnitt, der bei über 53 Jahren liegt. Ist die Jugend unsere Zukunft? Fragt sich, welche. Jüngeren gilt: Organisiertes Handeln entsteht in der Auseinandersetzung um gemeinsame Rechte, egal ob 25 oder 53 Jahre alt. Die Betriebsrätinnen von Schlecker und die Streikenden der Charitee machen auf mich bislang einen sehr viel engagierteren Eindruck als die in Leipzig anwesende Jugend. Wehrhafte Auszubildende? Die jüngeren Delegierten sind meinem Eindruck kein betrieblicher Nachwuchs, sondern angehende AkademikerInnen. Dennoch hat die ver.di-Jugend spezifische Themen in frechen, konsequenten Anträgen zur Abstimmung gestellt. Sehrwohl steckt in ihnen die Kraft, die die Gewerkschaft benötigt. Aber allein ihre künftige soziale Situation und ihre gesellschaftliche Stellung, das Millieu, wird entscheiden, ob sie auch dauerhaft für die Arbeiterbewegung eine Bereicherung sind. Die 20- bis 30-Jährigen haben das Problem, dass ihre Zukunft ungewiss ist. Für welchen Betrieb sollen sie sich einsetzen, wenn sie sich von Praktikum zu Praktikum hangeln und die ersten Jahre nur befristete Verträge drohen.
Was fehlt? Die MigrantInnen. Die Delegierten sind sehr deutsch. Ver.di muss sich fragen, welche Rolle Migrationsthemen für sie einnimmt. Die am Montag beschlossene Satzungsänderung von „ausländische Arbeitnehmer“ in „Migrantinnen und Migrantinnen“ allein bringt es noch nicht. Aktivitäten für Menschen ohne Papiere, das Migrar-Projekt, gehen in die richtige Richtung.

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