Vorabend zum Parteitag

Erfurt ist eine schöne Stadt und genau richtig für einen Parteitag wie diesen. Wenn eine Partei – dazu noch eine, die erst vier Jahre alt ist – sich ein Parteiprogramm gibt, dann ist das ein historischer Moment. Erfurt steht zudem für eine Tradition, die es zu achten gilt.

Am Abend haben wir uns mit der Sozialistischen Linken getroffen – der Strömung, der auch ich angehöre – und die Knackpunkte der Streitlinien durchleuchtet. Später kamen die Leute der Antikapitalistischen Linken hinzu, wir haben beraten, wie der Parteitag zum Erfolg werden kann. Eine wesentliche Erfolgslinie wäre eine breite Zustimmung zum Programm. Weitere natürlich die Inhalte. Schon dieser Entwurf entscheidet sich grundlegend von dem anderer Parteien. Sahra Wagenknecht und Ralf Krämer gaben Einschätzungen ab, es folgte eine lebhafte Diskussion, nur durchbrochen von dem weichen Gekrähe von Christines neuem Kind, ein süßes, sieben Wochen altes Mädchen.

In unserem Parteiprogramm geht es um zentrale Fragen der Gesellschaft: Wie stehen wir zum Krieg, zur Bundeswehr, zur NATO? Welche Erwartungen haben wir an den Öffentlichen Dienst? Wie stellen wir die Eigentumsfrage? (Und ob!) Wo steht der Feminismus in unserem Handeln? (Natürlich im Mittelpunkt!)

Wie sehen wir die Entwicklung Europas und welche Barrieren können den rechtspopulistischen Parteien gesetzt werden, die sich in vielen Ländern ausbreiten? Darum werden wir ringen. Und wir wollen, dass das Parteiprogramm mit einer großen Mehrheit verabschiedet wird. Aber es gibt Positionen, die zwischen Kompromiss und Richtigkeit liegen: Sind wir „nur“ gegen Kampfeinsätze der Bundeswehr im Ausland oder gegen alle Auslandseinsätze? Wie halten wir es mit dem Öffentlichen Beschäftigungssektor?

Einig sind wir uns – zumindest in den Strömungen SL und AKP – darüber, dass ein gesetzlicher Mindestlohn keine konkrete Höhe mehr haben, sondern 60 Prozent des Durchschnittslohnes betragen soll.

Hartmut, Herbert, Manfred und ich sind nach der Vorbesprechung noch in eine wunderbare Kneipe eingekehrt, eine ehemalige Drogerie. Dort gabe es eine leckere Quiche und guten Chianti. Bald waren wir bei den „alten Zeiten“. Wann reden wir sonst schon mal darüber?

Ab Freitag wird nach vorn geguckt und ein Parteiprogrammentwurf mit 1400 Änderungsanträgen diskutiert, abgestimmt und verabschiedet.

2 comments

  1. Kersten Artus sagt:

    arsten – #1 – 21.10.2011 01:03 – (Antwort)

    Wie wird das beim BPT gemacht bei 1400 Änderungsanträgen? In der SPD gibt es ja die Antragskommission, die bis auf wenige Ausnahmen dafür sorgt, dass die Änderungsanträge kaum diskutiert, sondern nur abgestimmt werden. Wie läuft das bei den Linken?

  2. Kersten Artus sagt:

    Kersten – #1.1 – 21.10.2011 08:18 – (Antwort)

    Moin Karsten, die Antragskommission – die es bei uns natürlich auch gibt – empfiehlt, welche Anträge übernommen werden. Dabei handelt es sich im Übrigen auch um Anträge, die lediglich einen Halbsatz oder ein Wort ändern sollen. Diejenigen, die übernommen werden, werden heute zu Beginn der BPT ausgegeben. Für „den Rest“ muss man sich melden in der Antragberatung – und dann um Mehrheiten fighten. Ich finde es etwas problematisch, dass auch Einzelpersonen Anträge einbringen konnen. Da ist mancher Humbug dabei, der nie durch eine Gliederung durchgegangen wäre.

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