Entkriminalisierung von Drogenabhängigen – Rede auf dem Landesparteitag

Ein Thema, das in allen Presseberichten über unseren Programm-Parteitag großen Widerhall fand, war der Beschluss zur Drogenpolitik „Wir wollen eine liberale und aufgeklärte Drogenpolitik in Deutschland. Drogen sind eine Alltagserscheinung. Der Alkoholmissbrauch ist ein gesellschaftliches Problem. Die Unterscheidung in legale und illegalisierte Substanzen ist willkürlich. Drogen sowie deren Missbrauch können zu schweren gesundheitlichen, sozialen und materiellen Problemen führen. Wir treten daher für eine rationale und humane Drogenpolitik ein, was eine Entkriminalisierung des Drogenkonsums und langfristig eine Legalisierung aller Drogen beinhaltet. Das bedeutet die Entkriminalisierung der Abhängigen und die Organisierung von Hilfe und einer legalen und kontrollierten Abgabe von Drogen an diese. Im Grundsatz wollen wir eine Gesellschaft, die nicht auf Strafe und Repression gegen Drogenkonsumentinnen und -konsumenten setzt, sondern die mit Prävention und Aufklärung dem Drogenmissbrauch vorbeugt.“ Programm der Partei DIE LINKE 2. Parteitag, 2. Tagung Erfurt, 21. bis 23. Oktober 2011
DIE LINKE tritt für eine Entkriminalisierung der Abhängigen ein. Langfristig fordern wir die Legalisierung aller Drogen. Den genauen Wort laut findet ihr auf Seite 31.
Der Gebrauch von Rauschmitteln ist und war in allen Kulturen und allen Epochen Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens. Während die legalen Alltagsdrogen Nikotin und Alkohol mit immensen gesundheitlichen und gesellschaftlichen Risiken verbunden sind, haben Opiate wie Heroin relativ wenige unerwünschte Wirkungen, zumindest in reiner Form, und sind ohne weiteres vereinbar mit einem geordneten „bürgerlichen“ Leben.
Die Verelendungen und die furchtbaren gesundheitlichen Folgen, die mit dem süchtigen Konsum illegaler Drogen einhergehen, sind vor allem auf die sozialen Benachteiligungen, den Beschaffungsdruck, Prostitution, Obdachlosigkeit und gesellschaftliche Isolierung durch Kriminalisierung zurückzuführen. Und, in nicht geringem Maße, auf die im illegalen Handel üblichen Verunreinigen der Rauschmittel.
DIE LINKE will Drogen nicht an allen Orten frei verkäuflich zu machen,wie es Presseberichte Glauben machten wollten. Aber die Legalisierung ermöglicht die Qualitätskontrolle in Bezug auf Reinheit und Dosis. Und bei manchen Substanzen auch die ärztlich kontrollierte Einnahme.
Wir haben die Verantwortung, uns für einen anderen Umgang mit dem Thema Drogen einzusetzen und bessere Lösungen für Prävention zu entwickeln. Drogensucht muss endlich als Gesundheitsproblem und nicht als Sache des Strafrechts behandelt werden. Es werden enorme Ressourcen für Polizei, Staatsanwaltschaft, Gerichtsprozesse und Gefängnisaufenthalte verschwendet. 2009 waren 15 Prozent der Inhaftierten in Deutschland wegen Drogendelikten verurteilt. Die Beschaffungskriminalität ist dabei noch gar nicht mitgezählt.
Es gibt Beispiele, wie so etwas gelingen kann, zum Beispiel Portugal. Es gab viele Bedenken, dass der Drogenkonsum sprunghaft steigen, die Konsumenten jünger werden und ein Drogentourismus einsetzen könnte. Dies ist nicht eingetroffen. Und: Die drogenbedingten Todesfälle haben sich seit 2001 halbiert, die Zahl der Jugendlichen mit Marihuana-Erfahrungen hat sich um sechs Prozent auf einen Fünftel reduziert und der Konsum von Heroin ist drastisch zurückgegangen. Auch die Kriminalität in Verbindung mit Drogen ist eingebrochen.
Süchtige Menschen werden in Hamburg nach wie vor kriminalisiert und diskriminiert. Nehmen wir nur als Beispiel die Sexarbeiterinnen aus osteuropäischen Staaten, die nur über Einrichtungen wie das Sperrgebiet und Ragazza in St. Georg die Möglichkeit haben, gesundheitlich versorgt zu werden. Ansonsten werden sie durch die Polizei gejagt und aus St. Georg verdrängt.
Die SPD hat jetzt mit dem neuen Haushalt beschlossen, 150.000 Euro ab 2012 aus dem Suchthilfesystem wegzukürzen – zu Gunsten von Familienhebammen und der HIV/Aids-Prävention. Die SPD spielt damit wichtige Einrichtungen gegeneinander aus, in dem sie im Präventionsbereich umschichtet. Diese Entwicklung ist bedenklich und sie muss bekämpft werden.
Und die CDU hat, kurz nachdem sie in die Opposition geraten ist, einen Antrag in die Bürgerschaft eingebracht, alle Kinder, die bei drogenabhängigen Eltern leben, zentral zu erfassen. Und nicht nur das: Sie will die Haare der Kinder einem regelmäßigem Screening unterziehen, um festzustellen, ob und in welchem Maß Drogen in diesen Haaren wiederzufinden sind. Für diese fatale Idee findet sie zum Glück im Hamburg keine Mehrheiten. Aber es zeigt, dass es in dieser Gesellschaft nach wie vor gefährliche Tendenzen gibt, Suchtkranke zu stigmatisieren.
Unser Parteiprogramm kommt genau richtig – und ich werde der Bürgerschaftsfraktion in Kürze vorschlagen, mit unseren parlamentarischen Möglichkeiten die Entkriminalisierung von Drogenabhängigen voranzutreiben. Und wenn sich in Hamburg bald eine LAG Drogen bildet, dann kann ich das nur begrüßen.

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