BILD: Mal wieder ungeheuer weiblich!

Springers Kampfblatt setzt seine Frauenoffensive fort: Seine Sonnabend-Ausgabe macht es mit 30 wichtigen Urteilen für Frauen auf: Von Kinderwagen im Hausflur bis Haftungspflichten des Friseurs werden die Themen abgehandelt, um die sich die Welt der Frau nun mal so dreht.

Unten links grinst zudem Kristina Schröder auf einer kleinen unbezahlten Eigenanzeige – BILD am Sonntag wirbt für sich mit ihrem Interview. Schröder hält zwei Barbies in der Hand – nee echt ungelogen -, und wir lesen die Ankündigung: Was nervt Sie an der Emanzipation, Frau Ministerin?

Die Aufmachergeschichte der Sonnabend-BILD wird dann auf Seite 4 präsentiert. Der dritte Tipp fällt mir sofort auf: Es handelt sich um kein Urteil, sondern um die Widergabe eines Satzes aus einem der elf Sozialgesetzbücher über die Freistellungsmöglichkeiten für Eltern bei erkrankten Kindern. In welchem SGB das steht, erfahre ich nicht. Dabei wäre für die römische 5 (V) noch Platz gewesen.

Nun ist es ja auch so, dass man bei BILD aufgrund der gigantischen Ankündigung auf dem Titel glauben soll, es handele sich nicht nur um ein wichtiges, sondern auch um ein aktuelles Thema. Dem ist nicht so: Das älteste Urteil ist von 1999. Nur drei sind aus 2011 und drei aus 2010.
BILD weiß dafür, was Frauen wissen wollen: Schwangerschaftshosen dürfen rutschen (2011), Schwangerschaft darf verschwiegen werden (2001), High Heels in Mietwohnung tabu (2009), Stöckelschuhe gelten als Waffe (1999) .
Auch beim weiteren Stöbern in BILD fühle ich mich auf mein Alleinstellungsmerkmal als fortpflanzungsfähiger Menschenteil reduziert – Der ARD-Sonntagskrimi wird angekündigt mit: Schwangerschaftsvertretung im Polizeiruf 110.

Haben eigentlich wieder einmal nur Männer die Zeitung gemacht? Hey Jungs: Wären für BILD-Lesende nicht wenigstens die Begriffe Mutterschutz oder Elternzeit möglich? Was glaubt ihr eigentlich, was uns interessiert? Und worum ging es in dem 30. Urteil, dass kurz vor Druck noch aus dem Text geflogen ist und durch einen Gesetzestext ersetzt wurde?
Nicht einmal eine einzige Nackte ist im Blatt. BILD ohne Titten – muss ich mir Sorgen machen? Noch nicht ganz: Auf der letzten Seite rekelt sich eine 24-Jährige halbbekannte Blonde mit lazsivem Blick, in hautfarbenem Hemdchen und Höschen.
Die einzige Nachricht, die mich wirklich interessiert, ist das knappe Wahlergebnis der ehemaligen CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Karen Koop in Osdorf. Immerhin ist die einzige Frauenrechtlerin der CDU Hamburg diese Meldung wert. Dass die Juristin Viviane Spethmann ihre Funktion als frauenpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion vor kurzem niedergelegt hat, interessierte unsere Lokalmedien hingegen nicht. Liegt vielleicht daran, dass Frauenpolitik wenig mit Schwangerschaft und Friseurbesuchen zu tun hat, ist vielleicht auch zu kompliziert. Emanzipation nervt eben.

Ich glaube, ich ziehe jetzt erst einmal meine High Heels an und stapfe damit durch meine Mietwohnung. Und dann könnte es sein, dass ich sie als Waffe einsetze …

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