Wir sind gekommen, um zu bleiben!

Nach fünf Jahren ist die niedersächsische Linke aus dem Parlament geflogen. Eine Mischung aus Trauer, Wut, Entsetzen und Fassungslosigkeit machte sich eine halbe Stunde nach der Prognose um 18 Uhr in den sozialen Netzen breit. Vorschnelle Vermutungen über die Ursachen sind aber genauso verfehlt wie ein eingeklemmter Schwanz.

Ein paar (erste und unvollständige) Gedanken aus Sicht einer Großstadt-Akteurin:

Wir haben alle gehofft. Sechs Prozent plus war meine Einschätzung. In den letzten drei Wochen hatte der Wahlkampf spürbar angezogen. Die Präsenz wurde vielfach verbessert, das Profil geschärft. Sahra Wagenknecht mobilisierte mit ihrem Einsatz noch einmal kräftig – am Ende hat es dann doch nicht gereicht.

Die Medien haben in den letzten Tagen massiv für die Zweitstimmenkampagne zu Gunsten der FDP getrommelt. Inhalte blieben völlig auf der Strecke. Als wenn wir beim Sport sind und nicht in der Politik. Kleine Parteien haben in Anbetracht der Zuspitzung auf die beiden Ministerpräsidenten-Kandidaten kaum Möglichkeit, ihr Profil zu entwickeln. FDP und Grüne als jeweilige Mehrheitsbeschaffer partizipieren davon.

Ich gebe Bernd Riexinger Recht, dass es nach dem Göttinger Parteitag nur langsam wieder bergauf geht. Aber es geht bergauf.

Dass die Wahlbeteiligung gestiegen ist, ist einerseits ein gutes Zeichen – mit etwas über 60 Prozent kann aber keine Regierung für sich in Anspruch nehmen, sie repräsentiere die Bevölkerung oder würde in ihrem Namen sprechen. Die NichtwählerInnen haben die meisten „Stimmen“. Wir können daher nicht zufrieden sein und müssen auch selbstkritisch sein, aber uns nicht zerfleischen. Die Fünf-Prozent-Hürde ist und bleibt undemokratisch.

Das Bewusstsein bestimmt nicht das Sein – es ist umgekehrt. Es reicht nicht, nur zu glauben, was falsch und richtig ist. Wir müssen auch überzeugen. Unsere Kopflastigkeit steht uns manchmal im Weg.

Wir setzen zu wenig darauf, dass Menschen vor allem über Gefühle reagieren. Darüber dürfen unsere Inhalte nicht geopfert werden, aber sie müssen anders verpackt werden. Dafür wünsche ich uns in der Zukunft mehr Mut. Wir sind gekommen um zu bleiben. Wir tragen eine zu große Verantwortung, als dass wir uns nun gegenseitig Wahrheiten des Scheiterns entgegenhalten.

Ein Kommentar

  1. Kersten Artus sagt:

    Bodo Goldmann – #1 – 24.01.2013 22:22 – (Antwort)

    Nach den letzten Wahlergebnissen im Westen kann ich nicht erkennen, das es „wieder bergauf geht“.
    Ihren Hinweis darauf, emotionaler zu werden, finde ich aber gut. Und wir sollten ehrlicher werden und nicht etwas versprechen, was wir nicht halten können. Z.B. in Niedersachen mit „einen Politikwechsel gibt es nur mit uns.“
    Natürlich hätte es mit der Linken im Parlament keinen Politikwechsel gegeben, und auch nicht mit der Linken in einer Regierung. Als Mini-Koalitionspartner hätte es nur etwas soziale Kosmetik gegeben, aber keinen Politikwechsel.
    hoffentlich schafft es die Linke, aus dieser Niederlage die richtigen Schlüsse zu ziehen. Zweifel daran sind leider berechtigt.

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