Zu Gast im Agaplesion

pap_5644-300x200Ich stehe vor dem Agaplesion. Das ist das Diakoniekrankenhaus in Eimsbüttel, das aus der Fusion dreier evangelischen Krankenhäuser (Alten Eichen, Bethanien, Elim) entstanden ist. Ich habe es im Rahmen meiner Sommertour durch Eimsbüttel besucht und mit dem Geschäftsführer Jörn Wessel, dem Leiter der gynäkologischen Abteilung, Herrn Prof. Dr. Christoph Lindner und mit der Leiterin der Unternehmenskommunikation, Ute Schlemmer, gesprochen. 370 Betten hat das Krankenhaus. Unterm gleichen Dach ist auch die CardioClinic von Asklepios untergebracht, mit 25 Betten.

Der quadratische Bau steht an der Hohen Weide, inmitten eines dichten Wohngebietes, neben Hamburgs ältestem Schwimmbad, dem KAIFU, und dem Eimsbütteler Turnverein. Um das Krankenhaus hat es jahrelang Proteste einer Bürgerinitiative gegeben. Im Januar 2011 wurde es dann schließlich eingeweiht.

Damit war der Ärger nicht zu Ende: Die Notaufnahme konnte von Nachbarn eingesehen werden, Krankentransporte fanden in aller Öffentlichkeit statt. Jetzt ist vor der Notaufnahme eine lange Milchglaswand angebracht. So werden auch Patientenrechte geschützt.

Ich hatte mit als Schwerpunkt die Frauenklinik ausgesucht. Es war ein bisschen schade, dass wir keinen der vier Kreißsäle besichtigen konnten – sie waren alle belegt! Hätte da eine Geburt nicht gerade … so dass wir auch einen Blick hätten werfen können auf … hmm.

So habe ich dann mit dem Chefarzt über die Kaiserschnittquote gesprochen. Mit ca. 30 Prozent soll sie in Hamburg ja niedrig sein, aber ich finde es unglaublich, dass jedes dritte Kind nicht mehr auf natürlichem Weg auf die Welt kommt. Haben die Frauen das Kinderkriegen verlernt?

Es gibt verschiedene Gründe, manche kann ich nachvollziehen. Ich höre aber vor allem heraus, dass sowohl die Ärztinnen und Ärzte, als auch die Frauen einen immer höheren Sicherheitsanspruch haben. Nur noch fünf Versicherungen überhaupt, erfahre ich, geben Kliniken eine Police. Die Prämien sind sechsstellig. Da wundert es mich nicht mehr, dass sich die Interessen treffen: Frauen, die glauben, ein Kaiserschnitt sei nur ein kleiner Ritzer in den Bauch, und ÄrztInnen, die ihre Arbeitgeber vor imaginären Schadenersatzansprüchen frei halten wollen (müssen?). Andererseits stimmt es wohl: Die Risiken bei Kaiserschnitten sind heute viel geringer geworden. Mein „aber“ bleibt. Und dieses Interview drückt aus, was ich meine.

Interessant war der Rundgang durch die Geriatrie. Es gibt eine spezielle Station dort, die Siloah genannt wird. Dort werden verwirrte Menschen betreut und behandelt. Die Station unterscheidet sich dadurch, dass sie wärmer und gemütlicher gestaltet ist. Kissen, Gardinen, Bilder und große Klebeblumen an den sonst nackten, kalten und stählernen Feuertüren schaffen Atmosphäre, ein altes Radio aus der 1950ern steht ebenso wie ein Sofa und ein Herd im Aufenthaltsraum. Dies alles soll Patientinnen und Patienten beruhigen, denen es sowieso schon schwer fällt in einer fremden Umgebung zu sein.

Wir werden in den nächsten Jahren ein Zunahme an Patientinnen und Patienten haben, die an Demenz leiden. Sie stürzen, sie haben andere chronische Leiden, sie sind einsam. Sie sind eine ganz besondere Klientel, die eine besondere Aufmerksamkeit, Zuneigung und Betreuung braucht. Hier sehe ich eine der großen Herausforderungen des Gesundheitswesen, das sich immer öfter Gesundheitswirtschaft nennt und dessen AkteurInnen von Markt und Rendite reden. Der Mensch muss aber Mittelpunkt bleiben, sonst erfüllt die Medizin ihren Auftrag nicht.

 

Ein Kommentar

  1. Fred Jörke-Kunath sagt:

    Der Mensch muss Mittelpunkt bleiben? Ja. Aber oft muss er auch wieder Mittelpunkt werden. Besonders im Gesundheitswesen.

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