Das neue Satiremagazin Kot & Köter ist eigentlich schon ziemlich alt. Bereits vor vielen Jahren warb Journalist Wulf Beleites für seine Hundehasser-Zeitschrift. Er wurde in etliche Talkshows eingeladen, diskutierte dort mit dem 2008 gestorbenen Schauspieler und Tierschützer Gerd Haucke.
Kot & Köter gab es aber gar nicht. Es existierte nur der selbstgebastelte Umschlag. Die schon damals an reißenden Geschichten Notleidende Medienwelt nahm Wulfs Idee dennoch dankend mit. Ungeprüft, unreflektiert. Hauptsache Quote.
Jetzt hat Wulf alle Befürchtungen eintreffen lassen und Kot & Köter zum Leben erweckt. Die Reaktionen sind wie damals – pestende Drohschreiben, belustigende Texte in den Mainstreammedien. Ich halte seit gestern meine erste eigene Kot & Köter in den Händen – und freue mich, dass ich mit meinem Sachverständigentext einen Beitrag dazu leisten konnte. Hier ist er:
Die Tierfamilie der Canidae ist vielfältig. Füchse gehören dazu, Kojoten, Dingos, Wölfe. Und Haushunde – die eine domestizierte Form des Wolfes sind. Was macht Hunde aus? Typisch für sie ist das gegenseitige Untersuchen von Genital- und Analzone. Sie wedeln auch gern mit ihrer Rute. Der Tierforscher Marcello Siniscalci hat nachgewiesen, dass es sich dabei um eine direkte Kommunikation unter Artgenossen handelt. Die Bewegungen können andere Tiere etwa beruhigen oder stressen. Er fand auch heraus: Ein Linkswedeln macht den Gegenüber unruhig, beim Rechtswedeln nähern sich die Tiere einander. Typisch für den Hund ist auch das Bellen, wobei die Größe des Hundes entscheidend für Höhen und Tiefen der Kläfferei ist. Bellen allein ist aber nicht das Einzige, was er kann: Hunde jaulen oder knurren – nahezu jeder Mensch kann diese Laute als ängstlich oder drohend motiviert erkennen. Das Bellen hat übrigens der Mensch verursacht – es gilt als Ergebnis der Anpassung an uns. Bei den Wölfen bellen nur die Welpen. Rechtlich gesehen ist das Bellen dennoch eine Lärmemission, die nach Bürgerlichem Gesetzbuch einen Unterlassungsanspruch begründen kann. Es gibt sogar Länder, in denen Hunden die Stimmbänder entfernt werden (Debarking). In Europa ist dies nach einer EU-Konvention seit 1987 verboten.
In Hamburg leben fast 67.000 Hunde. Ganz exakte Zahlen gibt es nicht, weil Hunde nicht immer abgemeldet werden, etwa wenn sie sterben oder mit ihren Halterinnen und Haltern wegziehen. Und es leben auch Hunde in Hamburg, die bewusst nicht gemeldet werden. Manche in Hamburg lebenden Hunde sind in Schleswig-Holstein oder Niedersachen gemeldet – auch und wegen der Steuern und des scharfen Hundegesetzes. Es ist das schärfste in Deutschland. 3,4 Millionen Euro nimmt Hamburg an Hundesteuern ein. Initiativen zur Abschaffung dieser Steuer finden bislang keine Mehrheiten. Immerhin: Zweibeiner, die staatliche Leistungen beziehen oder eine Schwerbehinderung von über 50 Prozent haben, können sich von der 90-Euro-Jahres-Steuer befreien lassen.
Wer einen so genannten gefährlichen Hund, bzw. Listen- oder Kategoriehund hält, muss in Hamburg 600 Euro an Steuern jährlich zahlen. Gefährliche Hunde nennen Volksmund und Boulevardzeitungen in der Regel Kampfhunde. Das führt zur Stigmatisierung von Hunderassen, allen voran Pitbull und Stafford Terrier. Dabei sind die Tiere dieser Rassen nicht weniger oder mehr aggressiv als andere Hunde. Aber viele Menschen, die sich diese Art Hunde halten, richten sie ab, so dass sie zur Waffe werden können. Ansonsten gelten Pitbull und Staffs als ideale Familientiere. Auch die Beißstatistik, die in Hamburg geführt wird, beweist, dass Hunde anderer Rassen – auch anteilig – öfter beißen als die angeblich besonders gefährlichen. Dazu zählt der Schäferhund.
Ich setze mich, seit ich Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft bin, dafür ein, dass die Rasselisten im Hundegesetz abgeschafft werden. Außerdem müssen Beißstatistiken vernünftig geführt werden. Sie sagen nämlich bislang nichts darüber aus, wie ein Beißvorfall entstanden ist. Meistens handelt sich im Übrigen um die Folge Revierverhalten oder um Beißereien unter Artgenossen. Menschen werden nur sehr selten von Hunden gebissen. Wenn es passiert, dann schafft es entsprechende Tier stets auf die Titelseite von Mopo und Bild. Das wirkt dann so, als ob diese Tiere Bestien sind.
Hunde sind wichtig für viele Menschen und es gibt eigentlich keinen Grund, sie nicht zu mögen. Sie sind freundlich, lassen sich gut erziehen und sind treu. Von Hildegard von Bingen ist der Satz überliefert: „Gib einem Menschen einen Hund und seine Seele wird gesund.“ Tatsächlich lindern Hunde Stresssymptome. Sie sorgen dafür, dass ihre Halter sich viel bewegen – das ist gut für den Blutdruck. Hunde fördern auch soziale Kontakte. In einer Großstadt wie Hamburg, in der in der Hälfte aller Haushalte Singles leben, würde ohne Hunde vermutlich die große Einsamkeit ausbrechen. Hunde senken auch das Allergierisiko und sorgen für ein stabileres Immunsystem. Sie begleiten Blinde und Gehörlose und ermöglichen ihnen gesellschaftliche Teilhabe. Hunde bewirken wahre Wunder bei Demenzkranken und in der Verhaltenstherapie mit Kindern. Auch im Polizeidienst sind Hunde unverzichtbar. Ihr Riechsinn ist eine Million Mal empfindsamer als der des Menschen. Zudem riechen sie Stereo. Daher können sie sofort die Richtung bestimmen, wenn sie die Fährte einmal aufgenommen haben.
Im nördlichen Asien und in Brasilien sind Hunde auch als Pelzlieferanten begehrt, ebenso wird ihre Haut als Leder verarbeitet. Die Produkte landen auch in Europa und werden mit Phantasienamen wie „Gaewolf“ versehen. In Korea und Vietnam wird Hundefleisch auch gegessen. Das ist in Deutschland per Gesetz verboten.
Hunde begleiten einen Menschen lange, dabei werden kleine Hunde älter als große. Eine Dogge lebt ca. neun Jahre, ein Dackel kann 15 Jahre, in seltenen Fällen 20 Jahre alt werden.
Eine Hunde-Fürchterin und durch Hunden auf die andere Strassenseite Wechselnde ist natürlich keine Hundeliebhaberin. Aber ich erinnere mich an einen letzten gemeinsamen Urlaub mit den Eltern. Dort gab es – am Fusse der Milseburg/Rhön – vor einem herrschaftlichen Landhaus eine schöne Hundehütte für den Wachhund, einen strammen Boxer mit kupiertem Schwanz und Ohren. Das Fell glänzte, wie täglich frisch gebürstet. Trotz der frühkindlich entstandenen Hunde-Phobie verliebte ich mich in dieses schöne Tier und ging nachmittags mit ihm an der Leine durch Feld, Wald und Wiesen. Das war für den Kettenhund aber auch für die Feriengäste eine schöne Abwechslung. Eines Tages blieb der Hund auf einem Acker stehen und ging – trotz guten Zuredens – keinen Schritt weiter. Der Hund hatte unheimliche Kraft, war stur und zog mich in Richtung Landhaus. Da sah ich, warum er mich so eisern nach Hause zog. Eine Schüssel mit dampfenden Futter stand vor der Hundehütte.
PS.: Das schöne Landhaus stand in den 50er/60er Jahren den Mitarbeitern der SchleswigHolsteinischen Stromversorgungs-AG zur Verfügung