Steht Hamburgs älteste Städtepartnerschaft vor dem Aus?

dsc_7380Update 11.4. Die älteste Städtepartnerschaft besteht mit St. Petersburg. Sie wurde 1957 zwischen Hamburg und Leningrad besiegelt. Spannungen gab es zuletzt wegen der homophoben Gesetze, die in Russland jede öffentliche Präsentation gleichgeschlechtlicher Lebensweisen unter Strafe stellt. Eine Delegation der Bürgerschaft in 2014 hatte dies in St. Petersburg thematisiert, bewusst hatte sich die Bürgerschaft zur weiteren Partnerschaft bekannt. Nun finden sich im Koalitionsvertrag, der diese Woche von SPD und Grünen für einen gemeinsamen Senat von 2015 bis 2020 präsentiert wurde,  neue Töne:

Es heißt:

Die Koalitionspartner beobachten mit Sorge, dass die aktuelle russische Politik die Grundlagen von Partnerschaft und Sicherheit in Europa gefährdet. Die deutsche Bundesregierung und die Europäische Union haben Russlands Politik gegenüber der Ukraine klar verurteilt. Diese Tatsachen wirken sich auch auf die Städtepartnerschaft aus.

Eine fragwürdige und unkluge Positionierung. Steht damit die älteste Städtepartnerschaft Hamburgs, die mitten im kalten Krieg entstanden ist, vor dem Aus? Soll die Städtepartnerschaft den strategischen Interessen der NATO, der EU und der USA geopfert werden?

Sollte Hamburg sich nicht vielmehr deeskalierend verhalten? Nur im Dialog können unterschiedliche Auffassungen erörtert werden. Russland ist Hamburgs bedeutendster Handelspartner in Mittel- und Osteuropa. Die gegen Russland verhängten Sanktionen haben die Krise in der Ukraine verschärft, sie wirken sich auch für Hamburg negativ aus. Es liegt – auch wenn man kein Freund Putins ist und die Demokratiedefizite in Russland unbestritten sind – auf der Hand, dass die Osterweiterung der NATO eine Provokation für Russland darstellt.

Die Bürgerschaft sollte und muss sich in Kürze kritisch mit dieser Passage im Koalitionsvertrags auseinandersetzen. SPD und Grüne müssen sagen, was sie meinen.

Staatsrat Wolfgang Schmidt, tätig in der Senatskanzlei, Bevollmächtigter beim Bund, bei der Europäischen Union und für Auswärtige Angelegenheiten, schreibt auf Facebook zu diesem Blogbeitrag:

schmidt

Also poste ich gern den weiteren Text:

Hinzu kommt, dass sich auch in St. Petersburg die Situation für einzelne Nichtregierungsorganisationen sowie Homosexuelle verschlechtert hat. Hamburg wird sich daher weiter für Jugendaustausche mit unabhängigen russischen Partnern engagieren und im Rahmen der Städtepartnerschaft Projekte unterstützen, die die Zivilgesellschaft in St. Petersburg stärken. Ein besonderes Augenmerkt wird dabei der Unterstützung derjenigen gelten, die sich für die Rechte von Homosexuellen und LGBT-Anliegen (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender) einsetzen.

Und ich bleibe dabei: Selbst wenn ich weiterlese, bleiben meine Bedenken. Ich empfinde die Formulierung als Provokation gegenüber den Partnerinnen und Partnern. Und es bleibt unklar, WIE sich „diese Tatsachen“auf die Städtepartnerschaft auswirken. Daher bleibt der Erklärungsbedarf bestehen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert