Prozessbeobachtung beim Eilverfahren Inge Hannemann, zweiter Termin

prozess-hannemannZum zweiten Mal war ich heute beim Arbeitsgericht, um das Eilverfahren, das Inge Hannemann gegen das Jobcenter angestrengt hatte, zu beobachten. Beim ersten Termin Anfang Juni hatte es noch eine relativ ausführliche Erörterung des Sachverhalts gegeben. Heute dagegen schien das Gericht froh gewesen zu sein, dass keinerlei inhaltliche Diskussion stattgefunden hat. Hatte da jemand Angst vor der Öffentlichkeit?

Ich stand ganz vorn, gehörte also zu jenigen wenigen, die ganz gut verstehen konnten, was am Verhandlungstisch geredet wurde. Schon ab Sitzreihe 2 war es kaum möglich, etwas zu verstehen. Wie soll eine Öffentlichkeit einen gesellschaftlich bedeutenden Prozess verfolgen können, wenn nur genuschelt wird?

Verpasst haben die meisten Zuhörenden allerdings wenig. Kein einziges inhaltliches Wort wurde über die Gründe dargelegt, warum das Jobcenter Inge Hannemann nicht weiter beschäftigt.

Vielmehr outete sich die Richterin, dass sie ein alternatives Arbeitsangebot nicht nach qualitativen Gesichtspunkten bewerte. Schließlich sei es normal, dass man mal versetzt werde … Was ist normal?, frage ich mich!

Ist es normal, gegen Menschen Sanktionen auszusprechen, wenn sie „unartig“ gewesen sind, also das Prinzip von Hartz IV, „Fördern und Fordern“, nicht schaffen?

Oder ist es normal, sich gegen diese Maxime zu wehren, wie es Inge Hannemann gemacht hat? Den Schwachsinn hinterfragen, der nur Statistiken schönt, Betroffene drangsaliert – aber niemals Hartz-IV-EmpfängerInnen wirklich in den ersten Arbeitsmarkt zurückbringt?

Das Richter-Trio muss sich nicht einig gewesen sein, um die einstweilige Verfügung zu versenken. Zwei zu eins reicht. Dennoch hätte ich mir mehr Mumm vom Gericht gewünscht, inhaltlich die groteske Situation zu bewerten, dass das Jobcenter eine Frau boykottiert, gegen die keine einzige schriftliche Kritik, zm Beispiel in Form einer Abmahnung, vorliegt. RichterInnen sind unabhängig und müssen meiner Meinung nach eine natürliche Neugierde an der Aufklärung instruierter Sachverhalte haben – auch wenn ganz viele ganz Ohr sind!

Nun geht es im Hauptsacheverfahren weiter. Auch das wird vor dieser Kammer stattfinden. Das Gericht wird sich daran gewöhnen müssen, dass immer mehr Menschen als ProzessbeobachterInnen kommen werden. Heute war auch Katja Kipping, unsere Parteivorsitzende, dabei.

Ein Kommentar

  1. Fred Jörke-Kunath sagt:

    Ich danke dir für diese wichtige Beobachtung einer (vom Gesetz her) unabhängigen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht! Ich sage das nicht nur so. Es ist wichtig, das wir Bürger den Richtern auf den Richtertisch schauen, damit es keine Justiz wie im dritten Reich, die vom Volk nicht kontrolliert werden konnte, gibt.

    Diese Kontrolle ist (nicht nur bei politischen Prozessen) wichtig. Nun ist nicht jeder zu allen Zeiten abkömmlich, um solch einen Termin wahrzunehmen. Es ist dann gut, Menschen zu haben, die berichten und analysieren.

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